Mein Spiegelbild...

...war irgendwie noch nie richtig meine Freundin. Und auch wenn ich eine längere Historie habe, wo ich im Spiegel nur Negatives sah, weiß ich aktuell gar nicht mehr, wen ich dort sehe und das ist fast noch erschreckender. Aber von vorne.

"Kristina, das ist einfach nur peinliches fishing for compliments, wenn du behauptest du fändest dich nicht schön oder gut (genug)." 

Uff. Das hab ich oft gehört.

Ich kann verstehen, dass es so wirkt und meine Selbstzweifel nicht ernstgenommen werde/ wurde. Weil ich eher in ein normschönes Bild falle und Menschen mir auch das immer wieder sagen.

Gleichzeitig gibt es auch vor allem einen Menschen, der mir seit meiner jüngsten Kindheit einredet, dass ich das nicht bin. Nicht schön (genug), nicht gut (genug) usw. Dass diese Person ihre Unsicherheiten jahrzehntelang auf mich projiziert und das gar nichts mit meiner Perspektive auf mich selbst oder bestimmte Körperteile zu tun hat, lerne ich erst mit Anfang 20.

Lange bin ich also ein Mädchen/ eine junge Frau, die gleichzeitig eingeredet bekommt sie sei nicht schön genug und von anderen im Kern über ihr Aussehen definiert oder sogar darauf reduziert wird. Letztendlich steht so für beide Seiten mein Aussehen extrem im Fokus und für beide Seiten habe/ hatte ich das Gefühl schön sein zu müssen. Einerseits um gut genug zu sein, andererseits weil es die Eigenschaft war über die ich definiert wurde es von mir erwartet wurde, Ich kann nicht 'nicht schön' irgendwo auftauchen - denn wer bin ich dann noch?

[Ja ich hatte und habe sicherlich auch Vorteile durch mein Aussehen und bin generell ganz froh darum - nur den Spagat und inneren Konflikt glauben mir Leute nicht oder sprechen ihn mir ab. Was sich auch scheiße anfühlt.]

Es wird aber immer besser. 

Ich kann die eine Stimme immer besser kleinhalten und die Stimmen aller anderen immer unwichtiger werden lassen. Und das macht mein Leben und Selbstbild deutlich besser 🥰

Jetzt stehe ich aber gefühlt vor einem neuen 'Schritt', den andere vermutlich im Teeniealter gegangen sind (in dem ich verkrampft versucht habe, allen zu gefallen).

Ich steh vor dem Spiegel und kenne mich/ meine nächsten Schritte nicht. Als ich vor einem Jahr mein Bauchbabel-langes Haar auf Kinnlänge abschnitt, dachte ich, das sei ein Experiment und ich würde es wohl einfach wieder lang wachsen lassen. Jetzt sehe ich die alten Videos und kann mich kaum erkennen und mir noch viel weniger vorstellen, mein Haar wieder lange zu tragen.

Ich hatte mir ja letztens spontan eingebildet ich möchte mein Unterhaar blond färben und habe es direkt umgesetzt. Ich kann es mir irgendwie nicht mehr wegdenken und mir keinen „normalen“ / einfarbigen Schnitt mehr vorstellen. Doch auch das Blond fühlt sich nicht nach 'der Lösung' an und ich habe das Gefühl schon wieder einen neuen Schritt / Schnitt zu brauchen.

Doch die Haare abrasieren über den Sommer und meine Indonesienreise?

Irgendwie auch respektlos den Frauen gegenüber, die gern langes gesundes Haar hätten, oder? Aber natürlich hilft es denen weder, dass ich mein Haar lang trage noch beeinträchtigt es sie, wenn ich sie abrasiere…

Kann ich mir das beruflich leisten? was sagt die Uni, die Studis, meine Auftraggeber:innen in der Selbständigkeit? 

Auf insta meinten die meisten das Problem am buzzcut wäre die Wahrnehmung durch Männer. Das sehe ich aber vielmehr als Anreiz und freue mich total auf die neue Perspektive, darauf mein 'pretty privilege' auch gesamtgesellschaftlich abzulegen und zu sehen, wie die Umwelt plötzlich auf mich reagiert, obwohl ich noch derselbe Mensch bin. Ich habe auch wortwörtlich vor ein Experiment dazu  zu machen, aber dazu mehr in einem weiteren Beitrag. Denn heute Abend wird abrasiert... 

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Text vom 07.08.2023

Kommentar vom 30.12.2023

auch hier: wow. der Text löst viel in mir aus und es ist super spannend diese Gedanken mit Abstand und "Erfahrung" mit Kurzhaarschnitt zu lesen. Ich denke, das wird ein eigener Text. Das Experiment hab ich natürlich noch nicht durchgeführt, aber ich hab's immerhin wieder auf meine To Do Liste gesetzt!