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ich war mal eher rechts und für die Todesstrafe...

... und dann kam ich raus, hab die Welt erlebt, mir Wissen angeeignet und man könnte sagen um 180° gedreht.


Lange hab ich überlegt, ob ich darüber schreiben kann. Welche Konsequenzen es für mich haben könnte. In real life und auf instagram - wo die Erwartungshaltung ab einer bestimmten Reichweite ist, dass man unfehlbar und in keinster Weise diskriminierend ist. Beides ist natürlich Quatsch. 


Mein Anspruch an mich selbst IST es, niemanden zu diskriminieren. Trotzdem kann auch ich mich nicht per Fingerschnips von Haltungen befreien, die mir über Jahrzehnte anerzogen wurden, in unserer Gesellschaft weiterhin vorherrschen und die mir aufgrund meiner Privilegien immer wieder nicht bewusst sind. 


Aber heute kann ich EHRLICH sagen, dass ich niemanden in irgendeiner Weise diskriminieren MÖCHTE (während ich damals offen diskriminierend war und das ok fand). Ich hab viele Parolen vertreten, wie man sie heute von Menschen und Parteien hört, die politisch dem rechten Spektrum (oder nach deren eigener Interpretation auch "der Mitte") zuzuordnen sind. Bis zu meinem Abitur bin ich ausschließlich mit unserem (erz)konservativen, katholischen Frauen- und Weltbild in Berührung gekommen. "Ausländer", andere Sprachen, Kulturen, Religionen oder politische Strömungen waren nicht existent. "die Linken" waren Spinner, das N-Wort zu sagen "doch nicht böse gemeint!!", Feminismus mir eeeeeeeeeeeeewig kein Begriff und dann - ihr könnt es ahnen - überbewertet & überempfindlich. Wo ich gerade dabei bin: ich war vermutlich auch mal ein krasses "pick me girl", aber dazu schreibe ich einen gesonderten Artikel, wenn ich meine Gedanken etwas geordnet habe. Härtere Strafen und Todesstrafe fand ich gut, "irgendwie muss man Kriminalität ja in den Griff kriegen", "jede:r entscheidet sich schließlich freiwillig, Gesetze zu brechen" und Hilfe / Resozialisierung fand ich "lächerlich, Verschwendung und hoffnungslos". Wenn ich so zurückblicke ist es wirklich unglaublich, wie ich als Mensch mich weiterentwickelt habe. Es ist mir aber auch unglaublich peinlich, dass ich mal so gedacht habe. 


Heute muss ich aber auch ehrlich sagen, dass rassistische, sexistische, ableistische und viele andere diskriminierende Gedanken immer mal wieder hochkommen. 

Mein Anspruch an mich selbst ist es, meinen Fehlern und problematischen Gedanken entschieden entgegenzutreten, sobald sie mir bewusst werden. Mich nicht dafür zu verurteilen und zu hassen -  aber aufmerksam zu sein, zu hinterfragen woher das kommt und was ich eigentlich denke, denken möchte oder denken sollte.  Aktiv dagegenzusteuern.


Aber wenn ich morgens auf dem Weg zur Arbeit sehe, wie ein Vater seine Kinder zur KiTa bringt und ich den Gedanken habe "was die Mutter wohl stattdessen macht" dann merke ich einfach, wie weit der gedankliche Weg auch für mich noch ist. Und das obwohl ich mich für relativ reflektiert, sensibilisiert und veränderungswillig bezeichnen würde. 


Genau deswegen finde ich aber auch Menschen so lächerlich, die behaupten sie seien kein Teil des Problems. Als hätten sie keine problematischen Gedanken. Frauen nicht zu vergewaltigen und Asylunterkünfte nicht anzuzünden ist keine Leistung, sondern das bare minimum... Aber klar, für die Menschen, die behaupten, sie seien kein Teil des Problems ist auch der von mir geäußerte KiTa-Gedanke unproblematisch und so fehlt immer wieder die Anspruchshaltung und gemeinsame Diskussionsgrundlage... und vielleicht ärgert mich es umso mehr, weil ich mein altes selbst (und viele mir bekannte Menschen) darin wiedererkenne und es so unglaublich peinlich finde, wie man so sein kann und so ignorant durch die Welt geht...


Text vom 13.04.2023


Kommentar 30.12.2023: Obwohl mir all das bewusst ist, weil es mein Leben, meine Worte und ein absolut ehrlicher Text ist, bin ich doch wieder erschrocken, mich so schwarz auf weiß damit zu konfrontieren. Auch damit, dass ich es tatsächlich geteilt habe. Gleichzeitig finde ich einen solchen Umgang deutlich besser, als sich in der Familie Sündenböcke für Worte und Verhaltensweisen (sowie Flugblätter, nicht dass ich jemals welche gedruckt hätte!!) zu suchen. Ihr wisst was ich meine.


Und ich finde besonders den letzten (Ab)Satz gerade sehr interessant, vielleicht erklärt das meinen aktuellen Frust und meine Wut, die sich auch in dem ein oder anderen instagram-Beitrag abzeichnet.


Interessant, mit Abstand auf die eigenen Texte zu blicken.

 
 
 

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