Das "Dunkelfeld" bezieht sich auf die Menge an Straftaten, die nicht angezeigt oder aufgedeckt werden und daher in offiziellen Kriminalstatistiken nicht erfasst werden. Die genauen Begrifflichkeiten zum Dunkelfeld hab ich ja bereits in diesem Reel erklärt. Hier zwei weitere wichtige Aspekte, die so auch (gestückelt) noch als Reels kommen werden, ich verlinke sie dann gerne.
Was ist das Ziel der Dunkelfeldforschung?
Das Offensichtlichste zuerst: um ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, welche Arten von Straftaten im Dunkelfeld verbleiben und damit 1) warum sie nicht gemeldet oder aufgedeckt werden und 2) wie hoch das Verhältnis von "bekannten" zu "unbekannten" Straftaten ist.
Aber auch Informationen zu Täter:innen und Opfern sind Untersuchungsgegenstand, insbesondere ob es eine Verzerrung zum Hellfeld gibt. Fiktive (!) Beispiele: In der PKS (und damit im Hellfeld) sind die Tatverdächtigen (TV) zu Delikt X zu 75 % Männer im Alter von 18-21 mit Migrationshintergrund. Welche Eigenschaften haben TV im Dunkelfeld im Deliktsbereich X? Ist es deckungsgleich bzw. ähnlich oder zeigt sich ein starker Selektionseffekt (z.B. racial profiling)? Dieselbe Frage kann man sich bei Opfern von Straftaten stellen.
All diese gewonnen Informationen sollen auch dazu beitragen, effektivere Kriminalitätsbekämpfung und Hilfemaßnahmen für Opfer zu entwickeln.
Die Verzerrungen vom Dunkelfeld ins Hellfeld sind deliktspezifisch zu analysieren und können unterschiedlich stark ausfallen, trotzdem kann man nicht alles verargumentieren damit. Beispiel: die häufig implizierte Annahme, Männer und Frauen seien eigentlich gleich häufig Täter:innen von häuslicher Gewalt, nur M würden es seltener anzeigen, ist wissenschaftlich nicht haltbar. JA, wir sehen, dass M noch seltener anzeigen als F, aber diese Verzerrung bedeutet NICHT, dass die Anteile an TV eigentlich gleich groß sind.
Wie sieht Dunkelfeldforschung aus?
In der Regel werden Befragungen durchgeführt mit 1) repräsentativen Stichproben von Personen, um ein breites Bild der Kriminalität im Dunkelfeld zu erhalten oder 2) spezifischen Gruppen von Personen, die z.B. als besonders gefährdet gelten. Das kann z.B. auf bestimmte Wohngebieten oder bestimmte Arten von Straftaten bezogen sein.
Für den ersten Fall wird eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe befragt, über die man nicht weiß, ob diese Personen Opfer, Zeug:innen oder Täter:innen von Straftaten waren. In einem Fragebogen würden diese Personen dann beantworten, ob sie in einem bestimmten Zeitraum, Opfer einer Straftat war, ob diese Tat polizeibekannt wurde und aus welchen Gründen die Person (nicht) angezeigt hat. Man nennt das dann Viktimisierungssurvey oder Opferbefragung. Entsprechend werden bei Täter:innenbefragungen und Zeug:innenbefragungen die Fragen formuliert.
Wie jede Datenerhebung gibt es auch hier zahlreiche Limitationen, die man berücksichtigen muss. Von Ehrlichkeit und Erinnerungsfähigkeit der Befragten über korrekte Einordnung der Taten und Selektionseffekten bei der Stichprobe - die üblichen Einschränkungen gelten auch hier. Letztendlich ist auch die Dunkelfeldforschung nur eine Annäherung an die "Realität" der Kriminalität.
Text vom 21.03.2023
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